Mindestlohn steigt
Mindestlohn steigt, Foto: Redaktion

Die Mindestlohnkommission hat eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns beschlossen. Die Lohnuntergrenze soll in zwei Schritten steigen: Ab 2026 auf 13,90 Euro, ab 2027 auf 14,60 Euro brutto pro Stunde. Dies bedeutet spürbare Veränderungen für Millionen Beschäftigte und Unternehmen.

Inhaltsverzeichnis:

Bärbel Bas setzt Beschluss der Mindestlohnkommission um

Die Entscheidung geht auf die Empfehlung der Mindestlohnkommission zurück, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will diesen Vorschlag ohne Änderungen umsetzen. Zwar hatte die SPD ursprünglich eine Anhebung auf 15 Euro bereits ab 2026 angestrebt, doch eine politische Durchsetzung war mit dem Koalitionspartner CDU/CSU nicht möglich.

Laut Gewerkschaft Verdi bedeutet die Anhebung eine deutliche finanzielle Entlastung

Wer heute 40 Stunden pro Woche zum aktuellen Mindestlohn von 12,83 Euro arbeitet, erhält ab 2026 rund 190 Euro mehr im Monat. Im Jahr 2027 steigt dieser Betrag auf 310 Euro. Das entspricht einem Jahresplus von 3.720 Euro.

Besonders für Frauen im Niedriglohnsektor sei die Anhebung wichtig. Reiner Geis, Vorsitzender von Verdi Südbaden, betont, dass Reinigungsdienste, Hotellerie und Servicebereiche davon stark profitieren. Er lobt die Arbeit der Kommission und sieht darin ein Zeichen für soziale Stabilität.

Widerstand aus Gastronomie und Hotellerie

Der Branchenverband Dehoga Baden-Württemberg sieht die Entscheidung mit Skepsis. Zwar erkennt man an, dass die Kommission unabhängig entschieden habe, jedoch werde die Umsetzung zur Herausforderung. Das Gastgewerbe beschäftigt bundesweit 2,2 Millionen Menschen. Seit 2022 seien die Lohnkosten um 33 Prozent gestiegen, während die Umsätze seit fünf Jahren sinken.

Guido Zöllick, Dehoga-Landeschef, warnt: „Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Zwar sei die zweistufige Einführung positiv, da sie mehr Planungssicherheit bringe, jedoch fordert die Branche zusätzliche staatliche Unterstützung. Besonders dringlich sei die bereits vereinbarte Mehrwertsteuersenkung für Speisen in Restaurants – von derzeit 19 auf 7 Prozent ab 2026.

Landwirtschaft fürchtet Betriebsaufgaben

Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) kritisiert die Lohnerhöhung scharf. Verbandspräsident Bernhard Bolkart warnt vor „fatalen Folgen“, insbesondere im arbeitsintensiven Obst-, Gemüse- und Weinbau. Viele kleine Betriebe könnten die steigenden Löhne nicht mehr zahlen.

Ein Vergleich mit anderen EU-Ländern zeigt die Problematik: In Polen beträgt der gesetzliche Mindestlohn nur 7,08 Euro, in Frankreich 11,88 Euro. Diese Differenz gefährde die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Landwirte. BLHV fordert eine Sonderregelung für ausländische Saisonarbeitskräfte. Ohne diese könnten viele Ernten nicht mehr eingebracht werden, etwa bei Spargel und Erdbeeren.

Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) unterstützt die Forderung. Auch Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) zeigte sich offen, Ausnahmeregelungen zu prüfen. Die Gewerkschaften lehnen Sonderregelungen jedoch kategorisch ab.

Einzelhandel schlägt Alarm

Auch der Handelsverband Südbaden sieht durch die Anhebung des Mindestlohns große Risiken. Verbandspräsident Roland Fitterer warnt vor wirtschaftlichen Folgen für den Einzelhandel und den Arbeitsmarkt. Die Erhöhung um rund 70 Prozent seit Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 sei für viele Betriebe kaum noch tragbar.

Fitterer betont: „Die steigenden Kosten gefährden zahlreiche Unternehmen.“ Der stationäre Handel kämpfe ohnehin mit sinkenden Margen, harter Online-Konkurrenz und hohen Energiekosten. Nun kämen weitere Lohnforderungen aus höheren Tarifgruppen hinzu. Der Verband warnt: Steigende Verbraucherpreise seien die Folge, was letztlich auch die Kunden belaste.

Erwartete Auswirkungen auf Konsum und Wirtschaft

Die Gewerkschaft Verdi sieht dagegen positive Effekte. Jeder Cent mehr beim Mindestlohn erhöhe laut Berechnungen die Kaufkraft um 20 Millionen Euro. Bis 2027 soll dies rund 5,7 Milliarden Euro in den Konsum bringen. Die Hoffnung: Die gesteigerte Nachfrage belebt die deutsche Wirtschaft.

Diese Rechnung geht jedoch nur auf, wenn keine Jobs verloren gehen. Das Risiko von Arbeitsplatzabbau ist besonders in preissensiblen Branchen wie Gastronomie, Landwirtschaft und Einzelhandel hoch. Ob die Lohnerhöhung langfristig mehr Wohlstand oder mehr Probleme bringt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Quelle: Badische Zeitung